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28.01.2019
Dienstrad-Leasing analog der Dienstwagen? Es geht auch anders und einfacher als das deutsche Steuerrecht. Einige Anregungen für Deutschland aus Europa.
Nun haben wir in Deutschland im Jahr 2017 und nun zum 1. Januar 2019 eine Steuerprivilegierung der vom Arbeitgeber geleasten und an den Mitarbeiter überlassenen Diensträder, die über eine Brutto-Entgeltumwandlung, eine Pauschalversteuerung der Privatnutzung und einer Restwert-Zahlung gelöst wird - und regelmässig nachgesteuert werden muss. Zu Lasten aller Beteiligten: Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch dem Radhandel.
Es zeigt sich auch hier, dass Deutschland Weltmeister in Steuerrechtsliteratur ist. Im europäischen Vergleich sieht man: es geht auch anders,
Im Jahr 2017 haben gleich vier europäische Länder Steuererleichterungen für Rad-Pendler zur Arbeit eingeführt oder bereits bestehende Regelungen erweitert: Frankreich, Belgien, Italien und das ohnehin mobilitätsseitig sehr engagierte Luxemburg.
Wesentliches Ergebnis bei den unterschiedlichen Ansätzen:
(1) Idee, nachhaltiges Pendelverhalten durch steuerliche Anreize zu belohnen, gewinnt auf dem gesamten Kontinent an Bedeutung.
(2) Deutsches Modell der Brutto-Entgelt-Umwandlung ist kompliziert, schließt tarifgebundene Unternehmen aus und benachteiligt untere Gehaltsgruppen.
Belgien hatte bereits 1999 eine Erstattungsregelung eingeführt, die auf den zurückgelegten Kilometern berechnet wurde. Jüngst wurde Betrag der steuerfreien Erstattung kürzlich auf 23 Cent pro Kilometer angehoben. Die Zahl der Arbeitnehmer, die von dieser Regelung profitieren, hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, allein zwischen 2011 und 2015 um 30%. Dies bedeutet, dass über 400.000 Belgier - 9% aller Arbeitskräfte des Landes - jetzt eine Erstattung für das Fahrrad erhalten. Die Daten sind beeindruckend: Für das Jahr 2015 liegen die Zahlen vor: mehr als 420 Millionen Kilometer wurde mit dem Rad gependelt. Motivation der Regierung: öffentliche Gesundheit, Luftqualität, Verringerung von CO2-Emissionen und die Entlastung von Staus. All dies ist mit einem sehr übersichtlichen Preisschild für die öffentlichen Haushalte in Belgien verbunden: 93 Millionen Euro wurden investiert, also rund 2% der Verluste, die durch die Unterbesteuerung von Dienstwagen entstehen.
In Luxemburg wurde in 2017 eine umfassende Steuerreform eingeleitet und diese Gelegenheit genutzt, um auch steuerliche Anreize für das Radfahren zu schaffen. Für den Kauf eines neuen Fahrrads oder Pedelecs können Steuerpflichtige ab sofort 300 Euro von ihrer persönlichen Einkommensteuer abziehen. Unternehmen haben auch die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern Fahrräder sowohl für den geschäftlichen als auch für den privaten Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu Firmenfahrzeugen ist diese „Sachleistung“ für den Arbeitnehmer völlig steuerfrei. Am Ende des Mietvertrags kann der Mitarbeiter das Fahrrad außerdem steuerfrei von der Firma kaufen, während im Falle eines Dienstwagens der Mitarbeiter mit der Sachleistung besteuert wird. Die Besteuerung von Dienstwagen wurde ebenfalls überarbeitet und basiert nun auf der Kraftstoffart und den CO2-Emissionen des jeweiligen Dienstwagens, um die Auswirkungen auf die Umwelt besser zu berücksichtigen. Die Novellierung des Steuersystems wurde jedoch nicht dazu genutzt, um die durchschnittliche Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen auf den tatsächlichen Wert anzuheben. Die meisten Dienstwagen werden jetzt weniger besteuert als zuvor, selbst wenn ihre CO2-Emissionen für neue Personenkraftwagen auf einem durchschnittlichen Niveau liegen.
Im Jahr 2015 eine Kilometer-Rückerstattungsregelung ähnlich dem belgischen Modell eingeführt, jedoch mit deutlich strengen Einschränkungen hinsichtlich des jährlichen Höchststeuerbetrags. Die steuerfreie Zahlung wäre auch auf 200 € pro Jahr und Arbeitnehmer begrenzt, was die Regelung weit weniger attraktiv macht als ihr belgischer Partner. Französische Radsportorganisationen setzen sich weiterhin dafür ein, die jährliche Obergrenze aufzuheben und die Erstattungsregelung für alle Arbeitgeber verbindlich zu machen.
Mehrere italienische Städte planen, ein nationales Versuchsprogramm für nachhaltiges Pendeln zu entwickeln, um ihre Bürger mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zur Universität zu unterstützen. Beispielsweise plant die Stadt Bari in Süditalien Mitarbeitern und Studenten, die ihr Fahrrad für den täglichen Weg zur Arbeit nutzen, Mobilitätsgutscheine. Diese Gutscheine können dann beispielsweise für den Kauf eines neuen Fahrrads oder für Abonnements für öffentliche Verkehrsmittel verwendet werden.
Diese von der Europäischen Kommission geschätzte Steuerbeihilfe für die private Nutzung von Dienstwagen, die nach Schätzungen der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2009 4,1 Milliarden Euro jährlich kostet und erhebliche Probleme in Bezug auf Staus und Luftverschmutzung verursacht, ist in der Tat eines der größten Hindernisse für mehr Fahrradfahren und ein nachhaltigeres Mobilitätssystem darstellt. Änderungen des Steuersystems müssen sich daher dringend mit diesem Problem befassen. In einigen Ländern, wie auch in Belgien, wird die Schaffung eines sogenannten "Mobilitätsbudgets" diskutiert, das die Mitarbeiter anstelle eines Dienstwagens eine Auswahlt von Mobilitätsmitteln wie ÖPNV, Fahrrad bzw. Sharing-Flotten-Zugänge ermöglicht. In Belgien hatte dieses Modell in einem früheren Pilotprojekt gute Ergebnisse hinsichtlich der Verkehrsverlagerung vom Pendelverkehr mit dem Auto gezeigt.
Für weitere Information zu diesem Thema: Studie der European Cyclists` Federation fiscal incentives for commuting sowie die Förderung für E-Bikes (report on incentive schemes for e-cycling).