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ADFC

16.03.2021

Fahrradfreundliche Städte: Karlsruhe, Bremen. Berlin?

230.000 Menschen haben abgestimmt. Es gibt Sieger, es gibt Verbesserung. 69 Prozent fühlen sich aber noch immer nicht sicher. Hier alle Details vom ADFC.

ADFC-Vorstand Ulrich Syberg und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stellten am 16. März 2021 die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2020 vor.

Karlsruhe, Freiburg, Heidelberg und Konstanz haben bei einer Untersuchung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) im Vergleich ähnlich großer Städte top abgeschnitten. Während Karlsruhe unter den Städten mit 200 000 bis 500 000 Einwohnern auf dem ersten Platz lag und Freiburg auf dem dritten, erzielten Heidelberg in der Kategorie 100 000 bis 200 000 Einwohner und Konstanz bei Städten mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern jeweils den dritten Rang.

Beim ADFC-Fahrradklima-Test hat Berlin für die in der Corona-Pandemie entstandenen Pop-up-Radwege einen Sonderpreis erhalten. Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese nahm den Sonderpreis für die Großstadt entgegen, die "seit Corona am meisten für den Radverkehr getan hat". "Der Preis bestätigt uns in dem, was wir gestartet haben", sagte Streese. Berlin ist im deutschlandweiten Ranking unter den 14 Großstädten von Rang zwölf auf Platz neun geklettert.

CORONA TREND ODER TRENDWENDE?

  • Das Fahrradklima ist insgesamt noch unbefriedigend (Ø 3,9 / 2018: 3,9), aber der Abwärtstrend scheint gestoppt – insbesondere in den Großstädten >500.000 Einwohner*innen (Ø 4,02 / 2018: 4,08).

  • Die Fahrradförderung in jüngster Zeit und die Werbung für das Radfahren wurden 2020 weit positiver bewertet als noch vor zwei Jahren. Insbesondere in den Großstädten spüren die Menschen den Aufbruch (Förderung in jüngster Zeit), aktuell nur bei den kurzfristigen und von ihnen als weniger wichtig erachteten Themen (z.B. für übermedialisierte Themen wie öffentliche Fahrradverleihsysteme die meist touristische Nutzungen darstellen oder die Möglichkeit, Einbahnstraßen für den Radverkehr zu öffnen). Der Durchbruch ist noch nicht erreicht bei den großen Themen Infrastruktur und Verkehrssicherheit.

  • Goßstädte über 500.000 Einwohner*innen sind im leichten Aufwärtstrend: Das Sicherheitsgefühl und der Spaß beim Radfahren verbessern sich dort leicht.

WAS ZÄHLT

  • Der negative Langzeittrend bei Spaß, Sicherheitsgefühl, Konflikte mit Kfz und Breite und Oberfläche der Radwege hält an. Das zeigt, manche Städte tun nach wie vor nichts oder sehr wenig. Bei anderen, die sich schon auf den Weg gemacht haben, verzögern häufig Planungsvorläufe und Mangel an Personal schnelle, sichtbare Umsetzungsergebnisse bei der Radverkehrsinfrastruktur.
  • Am meisten bemängelt wird der lasche Umgang mit Falschparkenden (4,8), weiterhin eine schlechte Baustellenführung (4,7) und zu schmale Radwege (4,7)

Am wichtigsten sind den Radfahrenden:

  • Am besten bewertet wird die Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit dem Fahrrad mit den Schulnoten (2,9),
  • Die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung (3,0) und die Nutzung des Fahrrads durch Jung und Alt (3,1).
  • die Akzeptanz von Radfahrenden durch andere Verkehrsteilnehmende (80 %)
  • ein konfliktfreies Miteinander von Rad- und Autoverkehr (79 %)

Spitzenreiter bei den Städten über 500 000 Einwohnern

Sieger ist Bremen (3,57). Die Befragten lobten besonders das Verkehrsklima, die Infrastruktur und die Erreichbarkeit der Innenstadt.

Danach folgen im Ranking Hannover (3,67) und, als Aufsteiger, Frankfurt am Main (3,72). Die hessische Metropole konnte sich unter den ersten drei der Städte über eine halbe Einwohner platzieren. Weitere starke Verbesserungen erzielten Wiesbaden, Würzburg, Böblingen, Landau und Gaildorf in Baden-Württemberg. Die schlechtesten Noten in ihren jeweiligen Größenklassen erhielten Köln (4,4), Duisburg (4,5), Hagen (4,9), Lüdenscheid (5,0), Kulmbach (4,7) und Schiffweiler (4,9).

Gerade bei den Großstädten über 500 000 Einwohner ist die Bilanz insgesamt positiv. Bis auf Dresden und Bremen verbesserten sich alle Metropolen leicht, in München, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf erkannten die Befragten "Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit". Zu dieser Entwicklung hat Corona beigetragen; aus Angst vor Ansteckung weichen viele Menschen auf das Rad aus. Viele Kommunen haben darauf reagiert und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation vorangetrieben, etwa die Errichtung von Pop-up-Radwegen, Fahrradstraßen oder verkehrsberuhigten Zonen. Was die Verbesserungen der Infrastruktur seit Beginn der Corona-Pandemie angeht, ist das Urteil der Befragten aber vernichtend: Egal wie groß die Stadt ist, im Schnitt lag die Gesamtnote bei 5,0.

So bemängelten die Teilnehmer , dass die Radwege ihrer Stadt zu schmal sind, schlecht an Baustellen vorbeigeführt werden und die Polizei Falschparker zu wenig kontrolliert. 69 Prozent der Befragten fühlen sich beim Radfahren nicht sicher.

"So hart das klingt: Corona hat zwar eine Welle der Berichterstattung über das Fahrradfahren gebracht", fasst es Rebecca Peters vom ADFC zusammen. "Aber reale Verbesserungen bei der Infrastruktur erleben die Radfahrenden weiterhin nicht."

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ZUM ADFC-Fahrradklima-Test

Teilnahmerekord beim ADFC-Fahrradklima-Test: Es haben sich rund 230.000 Radfahrende an der Befragung beteiligt. Im Vergleich zu 2018 ist das eine Steigerung um 35 Prozent.

Die Befragung gewinnt auch durch die Erhöhung der be- werteten Städte und Gemeinden weiter an Bedeutung: 1.024 Städte und Gemeinden wurden bewertet, das sind so viele wie nie zuvor (2018: 683 und 2016: 539 Städte).

Immer mehr Orte unter 100.000 Einwohner*innen erreichen die Mindestteilnahmezahl.

Bei den Gemeinden unter 20.000 Einwohner*innen ist eine Verdopplung der Teilnahme festzustellen.

LINK

Zu den Ergebnissen des ADFC Fahrradklima-Test im Detail hier.