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24.11.2019

Trend zu Rad-Abos? Trendcheck & Kalkulation

Nach dem Sharing-Boom nun Abo? Da E-Bikes hohe Anschaffungswerte aufweisen, Sharing nicht profitabel ist, versuchen Start Ups das nächste Modell. Aber es lohnt sich wohl nicht - für beide Parteien.

Das Bike-Sharing teuer ist, merken nun auch viele in ihren Jahressteuererklärungen. Mobility to Go ist ähnlich teuer wie der Coffee to Go. Convience nennen das die Markting-Menschen, die der Faulheit einen Aufpreis geben. Nun also günstigere Abos? Gerade auch für E-Bike, die sonst höher im Anschaffungswert sind?

Drei Trends: Sharing marginal, Zunahme Dienstrad, wertigere E-Bikes

  1. Bike Sharing wird nur für die Kurzstrecke und eher touristisch genutzt. Richtig Rad-Pendeln zur Arbeit ersetzt es nicht.

  2. Das Dienstrad-Leasing nimmt zu, was von provisionsbasierten Plattformen aber nicht für tarifgebundene oder kommunale Unternehmen angeboten wird. Ersparnisse von bis zu 40% im Vergleich zum Direktkauf sind verlockend und werden bis 2030 auch im Klimapaket weiter steuerlich begünstigt.
    (Anm. BICICLI bietet selbst ein eigenständiges Dienstrad-Leasing-Programm - ohne Vermittlungsplattform, ohne Provision und eigener Wertschöpfung im Handel, Werkstatt, Bike Days) an - auch für tarifgebundene Unternehmen).

  3. E-Bikes haben die 1 Millionen Neukäufe überschritten und steigen im Preis an, weil sie oft auch regelmässige Pendel-Autos ersetzen.

Daher könnte es für Angestellte ohne Dienstrad-Angebot vom Arbeitgeber und häufige Sharing-Nutzer oder nur zeitweilig in bestimmten Städten sich befindende Menschen (wie Studierende) interessant sein, eine neue Form des Rad-Abos - also die Nutzungszahlung für eine Zeit - zu probieren. Wir haben uns das angeschaut und gerechnet.

Swapfiets, VanMoof und der ADAC Club...
Start- und Nutzungsgebühren

Der gewerbliche Teil des ADAC-Clubs startete im Juli in München sein Pilotprojekt "e-Ride", bei dem ADAC-Mitglieder zunächst nur in München ein E-Bike abonnieren. Das Standard- City-Pedelec im Abo kommt für eine Startgebühr von 198 Euro frei Haus mit einer Einweisung in Funktionsweise und Technik. Die Betriebskosten: monatlich ab 89 Euro aufwärts, je nach Laufzeit des Vertrages. Sechs Monate sind Minimum. Im Preis enthalten: Vollkaskoversicherung sowie ein Vor-Ort-Service.

Die derzeit größten Abo-Anbieter kommen aus den Niederlanden: Swapfiets mit dem Stahlrad-Hersteller Gazelle und VanMoof. Beide starteten zunächst mit Fahrrädern ohne Batterieantrieb zur Miete, wollen aber auf E-Bikes ausrollen. Swapfiets hat sich auf Universitätsstädte und das Klientel konzentriert. VanMoof begann zunächst mit seinen Urban-Bikes zum Kauf, was man seit 2018 im Monatstakt anmieten kann.

Der Kunde zahlt die Start- und die Monatsgebühr und nutzt dann das Fahrrad exklusiv. Derzeit natürlich noch Neuware, aber nun vermehrt instand gesetzte Rückläufer. Bei Swapfiets nicht-elektrischen Stahlrädern werden dafür regulär 19,50 Euro monatlich fällig, bei VanMoofs nicht-elektrischen Rädern sind es 25 Euro zuzüglich einer "Schlüsselgebühr" genannten Startgebühr von 98 Euro.

Für Schraubermuffel sind solche "Angebote das Paradies", meinte z.B. der SPIEGEL. Denn ginge etwas kaputt, "kümmern sich die Unternehmen kostenfrei, auch wenn nur ein Platten behoben werden muss". Und dass der Kunden nicht etwa selbst repariert, ist sogar gewollt und eingefordert, wie bei Swapfiets. Ähnlichen Service bietet der ADAC. Bei VanMoof muss der Kunde bei Problemen eine der acht Filialen weltweit aufsuchen - eine in Deutschland. Zusatzkosten entstehen aber auch dort nicht.

Das Argument dafür und die kritischen Kalkulationen und Forscher -
Mietgebühr für Standard höher als Leasingrate für Traumrad-Erwerb

Das Argument der Anbieter: Kapitalaufwand bzw. Finanzierung entfallen und Reparaturen sind inklusive. Und die niedrige Bindungsfrist von sechs Monaten im Vergleich zum Leasing.

Die Argumente dagegen sind auch schnell formuliert:

(1) Es ist zu teuer. Bei einem vollkasko-versicherten Leasing-Rad bei einem Wert von 1.000 Euro (was deutlich höher als Swapfiets-Rad ist) wäre die monatliche Belastung bei 36 Monaten lediglich 16 Euro, bei einem E-Bike von 3.000 Euro (höherer Wertansatz als beim ADAC-Rad) entsprechend 46 Euro. Ohne Startgebühr.
Denn hier kann der Leasing-Nutzer am Ende der Laufzeit selbst überlegen, ob er bei den ohnehin im Vergleich zu den Abo-Modellen höherwertigeren Rädern einen Restwert von 15% zahlt - und dann gehört das Rad einem selbst, ob zum kostenfreien Weiterfahren oder für einen privaten Weiterverkauf. Viele Arbeitgeber, die durch das Leasing durch die Arbeitnehmer ebenso sparen, schenken aus den Ersparnissen auch den Service beim Dienstrad.

(2) Keine Indiviudalisierung: Der Kunde kann sich anders als beim Kauf kein individuelles Modell zusammenstellen und er darf es während der Nutzung auch nicht anpassen - was bei Rädern, die für einen regelmässigen Gebrauch und hohe Laufleistungen gedacht sind, vielleicht noch bei Studierenden funktionieren mag, aber die wirbelsäulen-optimierten Zubehöre und Bike Fittings sind nicht aus Versehen im Fachhandel nachgefragt.

Einschätzung: Nur kleine Klientel und nächster Risikokapital-Hype -
Lösungen liegen in Radflotten von Arbeitgebern und Wohnungsunternehmen

Fakt: Es sind derzeit ca. 30.000 Rad-Abonnenten, was bei 72 Millionen Rädern und nun ca. 800.000 geschätzten Diensträdern eher verschwindend ist. So sieht das Stephan Rammler vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin (Anm.: Rammler war Referent der BICICLI Salons für Urbane Mobiltät): das Marktpotenzial sei im "studentischen Milieu" und unter den "Neonomaden", wie er hochmobile Menschen nennt, die an mehreren Orten leben und wenig Privatbesitz benötigen. Er sieht aber den Markt als "nicht so groß" an, weil eben genau die Nomaden keine 6 Monate Mietvetrag abschließen, gerade wenn sie an mehreren Orten leben. Dafür gibt es eben Ebay-Kleinanzeigen und die nicht politisch korrekt bezeichneten »S-Bahn-Schlampen« für einmalig 50 Euro.

Rammler gab im SPIEGEL möglichen Risikokapitalgebern, die weitere Anbieter mit Geld versorgen könnten, den Hinweis zur Vorsicht, ähnlich wie bei den nicht erfolgreichen Sharing-Anbietern, die sich überbieten. Im ländlichen Raum ohne Bike-Sharing kommen nun andere und nachhaltige Konzepte auf, wie von Arbeitgebern gestellte Radflotten oder von Wohnungsbausunternehmen angebotenene Vielfalt von Radflotten - steueroptimiert und vielfältiger.

Daher kann man getreu der Mietautos auch dem ADAC nachsehen, dass mann das kurze Abo als bezahlte Testfahrt ansieht und das Rad dann doch vom Mieter direkt erworben wird, so das Angebot. Es ist dann einfach günstiger...