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Bundesregierung: "Weg frei für E-Scooter"

Bundeskabinett hat die »Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung« beschlossen. Hier finden Sie die offizielle Verlautbarung der Bundesregierung sowie weitere Details.

In Deutschland dürfen bisher ausschließlich die in der noch geltenden Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) definierten elektronischen Mobilitätshilfen im öffentlichen Straßenverkehr betrieben werden. Darunter fallen vor allem Fahrzeuge der Marke Segway oder ähnlicher Bauart.

Die neue Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) soll nun auch "elektrisch betriebenen Fahrzeugen ohne Sitz und selbstbalancierenden Fahrzeugen" die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ermöglichen. Damit gemeint sind sogenannte E-Scooter beziehungsweise Elektro-Tretroller.

Abgrenzung: Der E-Scooter beziehungsweise Elektro-Tretroller wird fälschlicherweise oft als E-Roller beziehungsweise Elektroroller bezeichnet. Bei Letzterem handelt es sich jedoch um den deutlich leistungsstärkeren Elektromotorroller, eine elektrische Variante des klassischen Motorrollers.

Koalitionsvertrag: Förderung der Elektromobilität

Eine Besonderheit dieser sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge liegt in ihren meist kleinen Ausmaßen und ihrem geringen Gewicht. Sie sind falt- und tragbar, können unterschiedliche Transportmittel miteinander verknüpfen und auch kurze Distanzen überbrücken.

Ihr größter Vorteil ist das abgasfreie Fahren. Darüber hinaus ist der E-Antrieb geräuschärmer als der von benzinbetriebenen Varianten. Die Verordnung dient somit der Förderung der Elektromobilität und realisiert damit einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag.

Straßenverkehrsgesetz: Elektrokleinstfahrzeuge sind Kraftfahrzeuge im Sinne des § 1 Absatz 2 StVG, da sie über einen elektrischen Antriebsmotor verfügen. Deshalb gelten für sie dieselben rechtlichen Rahmenbedingungen wie für andere Kraftfahrzeuge.

Was sieht die Verordnung im Detail vor?

Von der Verordnung erfasst werden Fahrzeuge, die folgende Merkmale aufweisen:

  • Lenk- oder Haltestange
  • Mindestens sechs bis maximal 20 km/h bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit
  • Leistungsbegrenzung auf 500 Watt (1.400 Watt bei selbstbalancierenden Fahrzeugen)
  • Erfüllung "fahrdynamischer" Mindestanforderungen

Heißt übersetzt: Ein Elektrokleinstfahrzeug muss verkehrssicher sein, bremsen können, steuerbar sein und eine Beleuchtungsanlage haben.

Unterschieden wird dabei zwischen zwei Typen von Elektrokleinstfahrzeugen, für die unterschiedliche Regeln gelten:

  • Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als zwölf km/h dürfen aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit auf Gehwegen, gemeinsamen Fuß- und Radwegen sowie in Fußgängerzonen fahren. Sie sind vergleichbar mit Fahrrädern und Tretrollern und ab dem zwölften Lebensjahr freigegeben.
  • Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als zwölf km/h müssen grundsätzlich auf Radwegen und Radfahrstreifen fahren. Ihre Fahreigenschaften ähneln am stärksten denen des Fahrrads beziehungsweise des Elektrofahrrads (Pedelecs). Das Mindestalter beträgt 14 Jahre.

Zulassungsfrei, aber versicherungspflichtig

Durch die Einführung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung werden Änderungen in den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften wie der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) notwendig.

Zusätzlich wird ein neuer Versicherungsnachweis in Form einer klebbaren Versicherungsplakette eingeführt, der speziell zur Anbringung an Elektrokleinstfahrzeugen konzipiert wurde. Es besteht keine Zulassungspflicht.

Wie geht es weiter? Nun ist der Bundesrat an der Reihe. Dieser könnte die neuen Regelungen bereits am 17. Mai beschließen. Damit könnte die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung noch in diesem Frühjahr in Kraft treten.

Kritik, Sorgen und ÖPNV-Mitnahme

An der Vorgehensweise des Verkehrsminister gab es zuletzt viel Kritik, gerade auch von Interessenvertretungen des Rad- und Fussverkehrs mit Blick auf Infrastruktur und auch die ersten Erfahrungen im internationalem Kontext. BICICLI berichtete.

Nun kommen nach Recherchen der Zeitung DIE WELT noch weitere Themen auf, denn die Einbettung des noch jungen Fortbewegungsmittel in die vorhandene Infrastruktur könnte schwieriger werden als erwartet. Denn die Zweiräder, die laut Bundesverkehrsministerium im Frühjahr die Straßenzulassung erhalten sollen, dürfen wohl - so DIE WELT - in einigen Bussen und Bahnen nicht mitgenommen werden. Die Beförderungsbedingungen einiger Verkehrsunternehmen schließen die Mitnahme von "versicherungspflichtigen Fahrzeugen" aus.

„Wenn die Elektroroller, wie Mofas, ein Kennzeichen bekommen, dann dürfen sie in unseren Fahrzeugen nicht mitgenommen werden“, erläutert Steffen Högemann von NordWestBahn. Auch in Bahnen von Meridian dürfen die Roller wohl aufgrund der Versicherungspflicht nicht mit an Bord, ebensowenig wie in den Fernbussen und Bahnen von Flixbus.

Denn ein Versicherungskennzeichen ist, wenn auch in Form eines Aufklebers, laut eines Ende Februar veröffentlichten Entwurfs des Bundesverkehrsministeriums fest eingeplant. Das Mitnahmeverbot stellt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor einige Probleme. Denn im Entwurf ist festgehalten, dass die E-Roller eigentlich geradezu dafür geschaffen sind, „verschiedene Transportmittel zu verknüpfen und kurze Distanzen zu überbrücken“.

Heißt: Besonders Pendler sollen ihr Auto zu Hause lassen, um mit dem E-Roller zur Bahn zu fahren und von dort weiter zum Arbeitsplatz. So sollen die E-Roller ihren Teil zur verkehrspolitischen Zukunft Deutschlands beitragen. Eigentlich soll aus dieser Zukunft möglichst schnell Gegenwart werden. Aktuell liegt der Entwurf zur Prüfung bei der EU-Kommission. Wenn die sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge aber in manchen Bussen und Bahnen nicht mitgenommen werden dürfen, wird die Zielidee hinfällig.

Ein Teil der Verkehrsunternehmen will die elektrisch betriebenen Roller hingegen wie Fahrräder behandeln. Damit dürften sie wiederum in manchen Bussen und Bahnen mitgenommen werden. Teilweise allerdings nur in Mehrzweckabteilen. Auch hier gibt es aktuell unterschiedliche Regelungen, die bald für ziemliche Verwirrung bei Fahrgästen sorgen könnten. So bestätigte ein Sprecher des niedersächsischen Verkehrsunternehmens Metronom mit Verweis auf dessen Beförderungsbedingungen, dass reguläre Tretroller wie Fahrräder behandelt werden sollen. Elektroroller werden dort nicht extra erwähnt. Allerdings ist im nächsten Absatz festgehalten, dass versicherungspflichtige E-Fahrräder von der Mitnahme ausgeschlossen sind.

Es wird ein heisser Sommer - sowohl durch die an den Startlinien stehenden mit hohen Risikokapital versehenen Flotten-Anbietern, den Verkehrsunternehmen wie eben leider auch - wie die Erfahrungen in vielen Städten zeigten - in den Notfallstationen der Krankenhäuser.