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(c) Mumtahina Rahman

Studien: Luftverschmutzung & Corona?

Gibt es einen Zusammenhang von Regionen mit besonders hoher Emissionsbelastung und Covid-19-Todesraten? Ja, sagen einige Studien. Eine Analyse über das, was wir wissen, von Christopher Schrader.

Harvard Studie: Luftemission und US-Todesraten

Am 24. April 2020 hat der Reporter - unter anderem wohl motiviert durch eine Studie des Department of Biostatistics, der Harvard T.H. Chan School of Public Heath vom 5. April - einmal genau nachrecherchiert. Denn diese Harvard-Studie eines Post-Doc-Teams verknüpfte die langjährige Belastung von Menschen durch Feinstaub (mit maximaler Größe von 2,5 Mikrometern (PM2.5)) mit der Rate an Todesfällen in den USA: „Die Resultate deuten darauf hin, dass Langzeit-Exposition mit Luftschadstoffen die Anfälligkeit für die schwersten Covid-19-Folgen erhöht“, so die Autoren. Es geht also nicht um das Verursachen, sondern um die Erhöhung der Gefahr. Es gilt durch vielzahlige und meist kleinzahlige Studien als belegt, dass das Risiko, an Covid-19-Folgen zu sterben höher ist, wenn die Patienten bereits Vorerkrankungen hatten - und die Belastung des Atemsystems durch Luftverschmutzung gehört da dazu.

Deutsche Politik: Lobby oder Kabarett?

Ein weitere Motivation schien aber auch die Rekation von Thomas Bareiß, CDU-Abgeordneter im Bundestag und parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium zu sein, der in seinem Wahlkreis in Baden-Württemberg, Zollernalb-Sigmaringen, wegen der bestehenden Diskussionen über Luftverschmutzung, Dieselautos und mögliche Fahrverbote in seinem Bundesland besonders am Thema interessiert. In seiner Antwort-Tweet auf die Frage des Zusammenhangs zwischen den saarländischen Kohlekraftwerken und den signifikant höheren Zahl der Covid-19-Toten im Saarland seitens der Ex-Grünen-Vorsitzenden und heutigen Präsidentin im Bundesverband Erneuerbare Energie, hat Staatssekretär Bareiß dise Argument als "aus der Luft gegriffen" empunden.

Das hat Schrader als "arrogante Antwort zum Material für politisches Kabarett" bezeichnet, denn in der Tat könnte gerade ein Wirtschafts-Staatssekretär die bisherige Forschung auch kennen.

Burden-of-Disease-Studie (The Lancet)

Nach den Daten der großen und renommierten Burden-of-Disease-Studie in der Fachzeitschrift The Lancet verbessert sich die Gesundheit sogar deutlich, wenn der Feinstaub reduziert wird: weltweit könnte Feinstaub mit 4,2 Millionen vorzeitigen Todesfällen zusammenhängen. Die Autoren schreiben sogar, der Schadstoffe „verursache“ den Verlust an Leben, was eine starke Aussage in den sonst durchdacht-vorsichtigen Ausdrucksweisen von Epidemiologen ist.

Stimmen aus Italien & Frankreich:
Keine schmutzige Städte

Guiseppe Mala, Bürgermeister von Mailand, sieht eine besondere Verantwortung genau der Bürgermeister. Er leitet eine Arbeitsgruppe zu den Konjunkturprogrammen, „dass unsere Städte aus der Krise als gesündere, gerechtere und nachhaltigere Ort zum Leben herauskommen.“ Dies sagt er als betroffener Politiker aus der Lombardei, wo er vor Ort die schlechte Luftqualität und die tatsächlich regional hohen Covid-19-Todeszahlen beobachten musste.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte in der Financial Times: „Wenn wir aus dieser Krise herauskommen, werden es die Menschen nicht mehr akzeptieren, schmutzige Luft zu atmen.“ Die Bürger würden sagen: „Ich stimme den Entscheidungen der Gesellschaften nicht mehr zu, wo ich solche Luft atmen muss, wo mein Baby deswegen Bronchitis bekommt. Erinnert Euch doch, Ihr habt für dieses Covid-Ding alles gestoppt, aber jetzt wollt Ihr, dass ich wieder schlechte Luft atme.“ Und auch in China ist die Zivilgesellschaft genau hier am spürbarsten aktiv. Denn es ist jeden Morgen das gleiche Problem.

Was sind die Konsequenzen?
Resiliente gesunde Städte

Feinstaub-Partikel stammen nur zum Teil aus dem Verkehr, und dort vor allem aus dem Abrieb von Reifen und Bremsen, nicht aus Motor-Abgasen. Quellen sind Kraftwerke und Fabriken, Felder und Ställe, Öfen und Heizungen. Außerdem kann Feinstaub sekundär aus Substanzen wie Stickstoffdioxid im Verkehr und Ammoniak in der Landwirtschaft entstehen. Die Nationalakademie Leopoldina empfahl daher in einer Studie „eine bundesweite, ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung, die neben Stickstoffdioxid sowie primärem und sekundärem Feinstaub weitere Schadstoffe und Treibhausgase aus allen Quellen berücksichtigt“.

Also eine kommunale Energie- und Verkehrswende - gemeinsam mit den Arbeitgebern - wird also vorraussichtlich für das Leitbild einer "gesunden Stadt" post-pandemisch an nachhaltiger Relevanz gewinnen.

QUELLE

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