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03.04.2019

Nachlese: BICICLI Salon #11 ÖPNV & Fahrrad

von Isabell Eberlein

Salon mit spannenden wie kontroversen Diskussionen in bester Debattier-Atmosphäre. ÖPNV und Fahrrad bewegt die Städte emissionsseitig am besten. Aber zusammen? Die Nachlese.

Der erste frühlingshafte Salon in diesem Jahr mit einem reinen Mobilitätsthema: Der "Umweltverbund" aus ÖPNV und Fahrrad. Diesmal waren so viele Fragen im Publikum, das nach jeder/m Impulsgeber*in die Thesen direkt diskutiert werden mussten.

Grundsätzlich einigten wir uns darauf, dass die Zukunft im Umweltverbund liegt. Doch wie Fahrrad und ÖPNV zusammenspielen, da gingen die Meinungen je nach Standpunkt sehr weit auseinander. Heinrich Strößenreuther fasste die Perspektivenspektren so zusammen: Verbraucherpolitik oder Klimaschutzpolitik?

Nun aber der Reihe nach.

Den Beginn machte Thomas T. Hofmann von DB Connect (u.a. Call-a-Bike und Flinkster) mit dem Fokus auf betriebliches Fahrrad-Sharing, denn bis jetzt seien immer noch bis zu 70% der neu zugelassenen PKW Dienstwagen. Andere Statistiken des Finanzministeriums sprechen von 50%, aber eines ist klar: Die Übermotorisierung und der Anreiz zum Autoleasing ist steuerlich induziert. Betriebliche Radflotten im Sharing können hier sowohl kosten- wie emissionsseitig viele Verkehre ersetzen.

Um Intermodalität einfacher zu gestalten und auch die letzte Meile zu gewährleisten, braucht es eine verbindende IT-Plattform, auf der alle Anbieter aufgeschaltet sind. Die Anzahl der Apps pro Stadt sind mittlerweile erheblich, die Schwergängigkeit der Verkehrsverbünde allerdings auch. Aus der Sicht von DB Connect ist die Zukunft das »Mobilitätsbudget«, einem gebündelten Angebot aus ÖPNV, Sharing und dem Fahrrad für betriebliche und private Fahrten.

Darauf foglte Isabel Heins, die Fahrradbeauftragte der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) mit ihren drei Thesen. Ausführlich legte sie dar, warum man das Fahrrad lieber abstellen als mitnehmen sollte. Hauptauftrag der BVG sei es immerhin Personen zu transportieren und Kapazitätsengpasse gibt es derzeit schon. Ihre zweite These bezog sich auf das Bike Sharing für die letzte Meile ab der Haltestelle. Zuletzt sprach sie sich dafür aus, dass Fahrräder und Busse ihre eigene Platzberechtigung haben. Geteilte Spuren für Bus und Bahn führen zu einer Kanabilisierung des Umweltverbundes untereinander. Jedes Verkehrsmittel braucht seinen Platz, auch wenn das zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs geht.

Juliane Schumacher, das Radelmädchen brachte nicht nur spannende Thesen mit, sondern veranschaulichte ihre Thesen mit ihrem Faltrad "Brommy" der Marke Brompton. Als Bahn- und ÖPNV-Nutzerin, die oft ein Fahrrad dabei hat, sprach sie aus der Nutzerperspektive. Sie forderte eigene Fahrradabteile für Fahrräder im Nah- und Fernverkehr, kostenlose Fahrradmitnahme und sicheres Parken an Bahnhöfen. Und dann zeigte sie noch, wie schnell sie ihr Brommy falten kann und erzählte, dass es ihr eigentlich nie von der Seite weicht.

Last but not least sprach Heinrich Strößenreuther von der Agentur »Clevere Städte« in seiner derzeitgen Berater-Funktion bei Deutsche Bahn »Station & Service«, aber auch mit viel Hintergrundwissen aus der Fahrrad- und ÖPNV-Branche. Seine erste These: Klimaschutz vor Verbrauchersicht. Natürlich sei es angenehm Fahrradbateile und Mitnahme zu fordern, dann müsse das aber als Premiumleistung angeboten werden. Ein Fahrradstellplatz koste nach seiner Einschätzung sechs Personen-Sitzplätze. Eigentlich müsste ein Fahrradticket dann auch sechsmal so teuerer sein. Seine zweite These: Bike Transit. In Holland fängt jede Bahnfahrt mit dem Fahrrad an. Am Bahnhof muss es dementsprechend auch gut abgestellt werden können. Diese Umsteigemöglichkeiten müssen auch in Deutschland gefördert werden. in Deutschland gebe es momentan 400.000 Abstellmöglichkeiten. Wenn ein System wie in Holland etablieren werden würde, also für die aktuell Pendelnden, bräuchte es ca. 2 Milillionen Abstellplätze an Bahnhöfen. Am Ende stand seine Aufforderung an alle: "Lasst uns Bike-Transit-Lobbyisten werden."

Die Fragen und Diskussionen wollten kaum enden. Doch nach über zwei Stunden gingen die Diskussionen dann wie immer informell weiter.

Ein herzliches Danke an die Impulsgeber*innen und alle, die so fleißig mitdiskutiert haben.

Nächster Salon: Donnerstag, 25.4 um 18 Uhr im BICICLI Cycling Concept Store.