RAD-IKALE
ANGEBOTE 30-40%
Deutschlands 1. Mobilitätsgesetz Deutschlands verabschiedet. Was wird genau geregelt? Warum kein Radverkehrsgesetz, sondern Auftakt für neues Miteinander der urbanen Mobilität?
So lässt sich die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) am 28. Juni 2018 zitieren. Berlin stellt so die Weichen und Straßen um - für die Zukunft der urbanen Mobilität. Diese Zukunft müsse nach Einschätzung der Senatorin eine Antwort auf die Frage sein, wie man sich ein lebenswertes Berlin vorstelle: "Sind es wirklich die Blechlawinen im Stadtzentrum? Vollgeparkte Straßenränder?"
Nach Angaben der Landesregierung ist es das bundesweit erste Gesetz dieser Art. Verabschiedet wurde sein erster Teil, der sich auf den Radverkehr und öffentliche Verkehrsmittel konzentriert. Im zweiten, noch nicht ausgearbeiteten Teil soll es um den Raum für Fußgänger, intelligente Mobilität und Wirtschaftsverkehr gehen.
Auch Städte wie London, Paris und Moskau arbeiteten mit Hochdruck an neuen Verkehrskonzepten, sagte Günther. Die "schmutzigen und lauten" Pkw würden zunehmend aus dem Stadtbild verschwinden.
Die Ziele sind vielschichtig: Erhöhung des Radverkehrs auf 30 Prozent am Gesamtverkehr - von derzeit gut 13 Prozent.
Sicherheit: Es sollen so weniger Menschen bei Verkehrsunfällen sterben oder verletzt werden wie möglich mit der "Vision Zero" (§ 10 Absatz 3).
Und die Umstellung auf alternative Antriebe und nicht-fossile Antriebsenergien des ÖPNV (§25 Absatz 10).
Es ist kein - wie von Befürwortern wie Kritikern oft verkürzt dargestellt - Radverkehrsgesetz. Es regelt erstmals das Miteinander von Autos, Fahrrädern, dem öffentlichen Nahverkehr und Fußgängern per Gesetz. Das Mobilitätsgesetz besteht aus mehreren Bausteinen und betrachtet alle Verkehrsmittel. Die einzelnen Elemente entstehen nach und nach. Sie ermöglichen in ihrer Gesamtheit eine zukunftsorientierte Mobilität: Die ersten drei Bausteine beschreiben 1. allgemeine, verkehrsträgerübergreifende Ziele sowie 2. den ÖPNV und 3. den Radverkehr. Weiter geplant sind die Bausteine zu 4. Fußverkehr und 5. Intelligenter Mobilität (Carsharing, Digitalisierung und andere Zukunftsthemen). Das "Integrierte Wirtschaftsverkehrskonzept" wird in das Mobilitätsgesetz aufgenommen und eine wichtige Rolle spielen.
Für Radfahrer steht v.a. die Sicherheit bei dem Infrastrukturausbau auf den Straßen Berlins im Vordergrund. Für den öffentlichen Nahverkehr sind ebenfalls Neuerungen geplant.
Der Autoverkehr ist bereits sehr umfassend in der Straßenverkehrsordnung, im Berliner Straßengesetz und in bundesweit geltenden Richtlinien geregelt. Die Rolle des Mobilitätsgesetzes ist damit als neues Gleichgewicht zwischen den Verkehrsträgern entwickelt und auch den Radverkehr und den ÖPNV so gesetzlich zu regeln, wie es für den Automobilverkehr schon seit langem selbstverständlich ist.
Der Radverkehr erhält somit mehr Raum und wird an Standards angepasst, die für Autos seit Jahrzehnten gelten, beispielsweise, dass es ausreichend Stellplätze gibt. Künftig haben Radfahrer, Fußgänger und der ÖPNV Vorrang bei der Verkehrsplanung. Dadurch soll der Verkehr sicherer werden und gleichzeitig mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV oder das Fahrrad bewegt werden.
Die Initiative für das Gesetz kam "von der Straße", also der Zivilgesellschaft. Der "Volksentscheid Fahrrad" wollte ein Radgesetz durchsetzen und sammelte dafür mehr als 100.000 Unterschriften. Auch durch diese Initiative wurde der Radverkehr ein bestimmendes Thema im Berliner Wahlkampf 2016. Anschließend arbeitete die Regierungskoalition aus SPD, Linken und Grünen das Gesetz aus, zur Zufriedenheit der Radinitiative: "Wir haben drei Jahre auf dieses Gesetz hingearbeitet und Deutschlands erstes Radgesetz bekommen. Damit wird Berlin eine Fahrradinfrastruktur wie Kopenhagen oder Amsterdam erhalten", erklärte Heinrich Strößenreuther, einer der Initiatoren des Volksentscheids Fahrrad. Der Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat das Gesetz mit den Stimmen der Rot-Rot-Grünen-Regierungskoalition bereits angenommen, CDU, FDP und AfD stimmten geschlossen dagegen. Am 28. Juni 2018 wurde es vom Plenum des Abgeordnetenhauses verabschiedet.
Rechtlich gesehen nicht. Es gilt nur in Berlin. Der Volksentscheid in der Hauptstadt ist aber Anstoß für andere Städte geworden, die dem Beispiel folgen. So gibt es unter anderem in Hamburg, Köln, München oder Stuttgart Initiativen, die einen Bürgerentscheid für eine fahrradfreundliche Politik konkret anstreben. Und viele städtische Initiativen sind ebenfalls in der Prüfung.