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13.12.2021
Das unterschätzteste Instrument: Warum wir Verkehrsmittel wechseln müssen, wenn wir schneller, lässiger und klimaneutraler mobil sein wollen. Neue Kolumne.
Das Wichtigste für Flottenmanagerinnen und Fuhrparkverantwortliche zuerst: Das Faltrad ist der SUV des 21. Jahrhunderts. Manche kennen es noch als Peugeot-Klapprad der 1970er Jahre und schmunzeln. Manche als mehrfach gefaltete Brompton der 1980er Jahre der Yacht-Besitzer und werden schon neidisch. Aktuell sind Falträder die Sports Utility Vehicle des urbanen Raums - auch elektrifiziert, trotzdem leicht, sehr schnell und immer schnell ausverkauft. Warum? Es ist immer dabei!
Was ist intermodale und was ist multimodale betriebliche Mobilität?
Intermodale betriebliche Mobilität meint, dass innerhalb eines Pendel- bzw. betrieblich veranlassten Weges unterschiedliche Verkehrsmittel genutzt werden, also auf dem Weg das Verkehrsmittel gewechselt wird. Im Unterschied dazu meint Multimodalität die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel für verschiedene Wege. Die Nachfolge-Einrichtung der im Jahr 2010 nicht sonderlich erfolgreich verlaufenden "Nationalplattform Elektromobilität" heißt nun neutraler: "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität" - und akzeptiert neue Anforderungen an die Mobilität jenseits der arbeitsmarkt- und industriepolitischen Elektro-Auto-Hypnose.
Wie ist hier die politikberatende Position?
Die Arbeitsgruppe 3 (Digitalisierung für den Mobilitätssektor) hat ihren dritten Zwischenbericht zur "plattformbasierten intermodalen Mobilität" im Jahr 2021 vorgelegt:
Die Analyse kann man nachlesen und durchaus nachvollziehen für die betriebliche Mobilität: So soll eine "Reise, beziehungsweise in der Logistik eine Transportleistung, vom Start- bis zum Endpunkt innerhalb einer Anwendung geplant, gebucht und abgerechnet werden können. Die Auswahl der Mobilitätsträger soll nach Kundenpräferenzen getroffen werden können (Zeit, Kosten, Klimafreundlichkeit, Komfort, soziale Interaktion etc.). Zusätzlich zur Buchung von Reiseketten sind weitere Dienste erforderlich, die den Nutzerinnen und Nutzern Flexibilität in der Mobilität bieten. So müssen beispielsweise die Parkplatzsuche, -buchung und -bezahlung erleichtert werden, denn 20 bis 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs sind auf den Parkplatzsuchverkehr zurückzuführen."
Die aufgezeigten Lösungen hingegen sind Plattformen - als ob es Google Maps, viele Private-Equity-finanzierte und auf Kunden hoffende Apps oder eben auch häufig sehr gut entwickelte ÖPNV-Angebote wie der BVG (Jelbi) nicht gäbe.
Es ist richtig, dass es für die Bereitstellung von Basisdiensten für Mobilitätsservices beziehungsweise für die Nutzung von Verkehrsmitteln bessere Integration und vor allem bessere Governance-Grundsätze für die Aufschaltung der Mobilitätsdienstleister sowie für die Data Governance bedarf - was eher für öffentliche Anbieter-Plattformen spricht - und zudem viele technische Anforderungen der Interoperabilität und Standardisierung für ein übergreifendes ID-Management sowie IT-Security und Datenschutz bedarf.
Was die intermodale Mobilität einfordern und befördern kann
Alles richtig, aber die intermodale Mobilität braucht deutlich mehr. Einfahrverbote in emissionsbelastete Innenstädte kommen - eher früher denn später. Alle Entwicklungen, vor allem die Verrechtlichung der Emissions- und Klimaschutzpolitik, zeigt hier für die Verbrennungsmobilität nur in eine Richtung: raus aus der Stadt!
Aber auch für Elektro-Individual-Mobilität wird es eng, denn in Städten wird es weiter enger, dichter und parkplatzärmer. Die Hoffnung auf Ladestationen in Innenstädten wird eine bleiben, weil wir dafür keinen Platz haben und keinen dafür wollen. Viele deutsche Kommunen folgen nun internationalen Beispielen von Singapur über Paris und Barcelona bis Amsterdam, die seit 2019 die Zahl der Anwohnerparkberechtigungen im Zentrum um jährlich gut 1.500 einziehen - insgesamt 11.200 Parkplätze bis 2025. Wie in allen Städten: für breitere Gehwege, Straßengrün und Radwege. Und die Stadtwerke entdecken die Mobilität als Grundversorgung wieder. Klimaschutz macht es möglich. Damit werden regulatorisch urbane Verkehre intermodale Verkehre erzwingen und die Kommunen werden zunehmend auch die Infrastruktur dafür bereitstellen.
Konkret: 1. Neuzonierung des öffentlichen Raums, 2. Park&Ride respektive Bike&Ride an ÖPNV-Knoten an den Stadtgrenzen, 3. gemanagte Mobilitätsstationen an Bahnhöfen und in Wohnungsquartieren und 4. das Faltrad im Kofferraum oder im ÖPNV unter dem Sitz.
Der neue Strategiebedarf für die Unternehmensmobilität
1. Mobilitätsstrategie: Viele Unternehmen haben während Corona den Startpunkt einer neuen Mobilitätsstrategie bis 2030 gesetzt - aus Gründen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge, der Neuzonierung von Büro- und Verkehrsinfrastruktur-Flächen, dem Klimaschutz und seinen nun verschärften Reporting-Pflichten und Nachhaltigkeitsanforderungen. Betriebliche sowie Pendler-, Kunden- und die Lieferverkehre werden berücksichtigt, so auch die eigenen weiteren Infrastrukturvoraussetzungen bei Arbeitgebern wie Wohnungsbaugesellschaften. Da der Umweltverbund durch den öffentlichen Verkehr sinkt, wird es nun wichtig, über Ride Sharing, Home- & Mobile-Office, Arbeitszeitregelungen und Duschen wie Spindanlagen umfassender zu reagieren, um den nun nochmals steigenden Autoverkehr, die Parkplatzbedarfe und Staus zu vermeiden. Intermodales Mobilitätsmanagement überwindet dabei sogar Abteilungsgrenzen.
2. Mobilitätsbudget: Flexibilitätsbedarfe für Arbeitgeber und Arbeitnehmer steigen - daher wird der Fuhrpark 2022 so wie bisher nicht weiterfahren. Das Mobilitätsbudget - zum Beispiel angeboten von der Deutsche Bahn Tochter Bonyovo oder privaten Anbietern - wird auch steuerpolitisch interessant, wenn es um die Steuerprivilegien der nächsten Jahre des New Green Deals geht, die eben nicht mehr auf Dienstwagen und Diesel begrenzt sind.
3. Mobilitätsstationen: Ein zentraler Aspekt der Strategie wird in vielen Unternehmen und Wohnungsbaugesellschaften eine gemanagte, die flexiblen Bedarfe der Mobilität abbildende Mobilitätsstation sein - mit mehreren Verkehrsmitteln vom E-Car, E-Bike, E-Roller oder E-Scooter. Dazu zwingend zugehörig sind Wartungs-Services, relevante Infrastruktur, eine Packstation und ein gutes Café. Nur so wird der betriebliche Fuhrpark den Entwicklungen insbesondere in den sich nun umbauenden Großstädten der nächsten Jahre auch standhalten - und die Unternehmen beweglich.
Fazit der Analyse
Die intermodale Mobilitätswende als Verhaltenswende ist keine Zukunftsforschung. Sie ist schon da - bei den flotten Unternehmen. Jedes Unternehmen, jedes Quartier braucht eine spezifische Analyse über Distanzen, Anschlüsse, Taktzahlen und der Digital-, Park- und Ladeinfrastruktur sowie Knotenpunkte für die multimodalen Mobilitätsstationen. Die Steuerpolitik muss diesen Hebel unterstützen.
Der ÖPNV braucht neue Waggon-Designs, denn Fahrradabteile sind seit Corona spätestens die Lieblingssitze für alle Nicht-Radler, aber die werden immer mehr. Die Autowirtschaft braucht hingegen echte Plug-In-Hybride, also E-Cars, die E-Bikes und E-Scooter ladefähig sauber im Fahrzeug verbauen. Und die Radwirtschaft muss schauen, dass sie weiterhin Innovationen mit Blick auf Lieferbarkeit, Leichtigkeit, Lässigkeit und Wartungsarmut von
Falträdern hinbekommt. Die nächsten Statussymbole werden derzeit neben Brompton Räder wie Birdy, Vello oder das englische Carbon-Elektro-Faltrad Hummingbird ... Im ÖPNV haben Sie ja genug Zeit zum Recherchieren.
Prof. Dr. Stephan A. Jansen ist der Geschäftsführer der "Gesellschaft für Urbane Mobilität BICICLI" und deren Mobilitätskonzeptberatung "MOND - New Mobility Designs". Mit dem Geschäftsbereich BICICLI Cycling Solutions sind sie Pionier und Full-Service-Spezialist für Fahrradflotten-, Dienstrad- sowie Infrastruktur-Lösungen. Jansen ist langjähriger wissenschaftlicher Berater der Bundesregierung, Gründungspräsident der Zeppelin-Universität und seit 1999 Gastforscher an der Stanford University. Er wurde jüngst auf die Professur for "Urban Innovation - Mobility, Health, Digitization" an die Universität der Künste, Berlin, berufen.
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